Einfluss von Landwirtschaft auf Chamäleons in Madagaskar

Einfluss von Landwirtschaft auf Chamäleons in Madagaskar

Wissenschaft

In Madagaskars östlichem Hochland wird Ackerland für Reisfelder hauptsächlich durch Brandrodung von Primärwäldern oder Sekundärvegetation gewonnen. Die Reisfelder werden nur eine Saison verwendet, im anschließenden Jahr wird das Feld für Wurzelgemüse genutzt. Bereits nach einer Ernte liegt das Land dann bis zu fünf Jahre brach, bevor es erneut brandgerodet wird, um wieder Reis anzubauen. Schon fünf dieser Zyklen können fruchtbares Land in nicht mehr nutzbaren Boden wandeln. In den letzten Jahrzehnten sind brachliegende Flächen in immer kürzeren Abständen gerodet worden. Diese Praxis hat dafür gesorgt, dass invasive, nicht-einheimische Pflanzenarten sich ausbreiten konnten, während auf Primärwald angewiesene madagassische Pflanzen verschwanden. Madagassische Wissenschaftler haben nun erforscht, welchen Einfluss diese Form der Landwirtschaft auf Chamäleons an der Ostküste Madagaskars hat.

Als Studienobjekt wurde der Regenwaldkorridor von Ankeniheny-Zahamena im östlichen Hochland genutzt. Er verläuft an der Ostküste Madagaskars über eine Fläche von rund 5000 km², die teils nur durch sehr schmale Waldfragmente miteinander verbunden sind. Insgesamt während der Regenzeit 44 Orte wurden untersucht, die in fünf Habitattypen eingeteilt wurden: Zehn Orte mit geschlossenen Regenwäldern, acht mit Baumbrachen, elf mit Strauchbrachen, zehn Orte nach mindestens fünf Brandrodungszyklen und fünf Orte, an denen Wiederaufforstung betrieben wurde. Chamäleons wurden mehrheitlich nachts entlang vorgegebener Transekte (je drei bis vier parallele Linien von 50 m Länge) gesucht, bestimmt und vermessen.

Insgesamt konnten 15 Chamäleonarten der Gattungen Brookesia, Furcifer und Calumma gefunden werden, wobei je drei Arten nicht exakt bestimmt werden konnten (es handelt sich hier, soweit erkennbar, um Tiere aus dem Calumma nasutum/emelinae-Komplex). Die meisten Chamäleons bevorzugten geschlossenen Regenwald, wohingegen nach Brandrodung deutlich weniger Tiere und Arten zu finden waren. In Waldstücken mit Aufforstungsbemühungen war die Zahl der Chamäleons wieder deutlich höher. Beides unterstreicht sowohl den notwendigen Schutz noch vorhander Regenwälder als auch die Relevanz der Wiederaufforstung auf Madagaskar.

Sechs Arten (darunter Calumma cf. vencesi, Brookesia superciliaris, Brookesia therezieni, Calumma parsonii) zeigten sich deutlich sensibler gegenüber Landwirtschaft und können wahrscheinlich nur sehr eingeschränkt außerhalb von Primärwald überleben. Nur drei Arten kamen überhaupt noch auf intensiv landwirtschaftlich genutzter Fläche vor, davon war lediglich Furcifer lateralis am häufigsten dort zu finden.

Effects of shwidden agriculture on chameleon diversity and abundance in eastern tropical rainforest in Madagascar
Rodlis Raphali Andriantsimanarilafy, Joseph Christian Randrianantoandro, Josué Rakotoarioa, Alain Jean Victorien Rakotondrina, Ruth Kelly, Alison Cameron
Sustainability and biodiversity conservation 3(2): 99-118.
DOI: 10.5281/zenodo.13861065

 

Foto: Teppichchamäleon am Rande eines Reisfeldes in Madagaskar, fotografiert von Alex Negro

Karyogramme fünf madagassischer Chamäleons beschrieben

Karyogramme fünf madagassischer Chamäleons beschrieben

Wissenschaft

Dass das Geschlecht bei Chamäleons genetisch festgelegt wird, ist schon viele Jahre bekannt. Die Karyogramme vieler Arten, also die Chromsomeneigenschaften, sind jedoch noch nicht von allen Arten bekannt. Italienische Wissenschaftler haben sich nun mit den Karyogrammen fünf madagassischer Chamäleonarten beschäftigt.

Zur Untersuchung genutzt wurde bereits vorhandene, konservierte Chamäleons. Je ein Weibchen der Arten Furcifer balteatus, Furcifer petteri, Furcifer major und Furcifer minor wurden beprobt. Ein männliches und ein weibliches Brookesia superciliaris wurden ebenfalls für die Studie herangezogen. Alle Proben wurden einer DNA-Barcoding-Analyse unterzogen, als Marker genutzt wurde das mitochondriale Genfragment COI. Die extrahierte DNA wurde per PCR vervielfacht und dann sequenziert, um für jedes Tier ein Karyogramm zu erstellen.

Das Karyogramm von Brookesia superciliaris lautet 2 n = 34 für beide Geschlechter. Von den 34 Chromsomen sind sechs Makrochromosomenpaare, elf Mikrochromosomenpaare. Alle Makrochromosomen sind metazentrisch. Morphologisch unterscheiden sich die Chromosomen nicht voneinander, so dass bisher unklar bleibt, welche die Geschlechtschromosomen sein könnten.

Furcifer balteatus verfügt über ein sehr spezielles Karyogramm, was eigentlich besser zu denen der Gattungen Brookesia und Palleon als zur Gattung Furcifer passt. Das Karyogramm lautet 2n = 34, was die höchste Chromosomenzahl unter den Chamäleons darstellt. Von den 34 Chromosomen sind sechs Makrochromosomenpaare und elf Mikrochromosomenpaare. Die ersteren sind alle metazentrisch. Zwischen den Chromosomenpaare sind keine morphologischen Unterschiede zu erkennen, so dass das Geschlechtschromosom bisher nicht festgestellt werden konnte.

Das Karyogramm von Furcifer major ist 2n = 24. Neun der Chromosomenpaare sind Makrochromosomen-, drei Mikrochromosomenpaare. Sieben der Makrochromosomenpaare sind metazentrisch, nur die Paare zwei und drei sind submetazentrisch. Das elfte Chromosomenpaar, ein Mikrochromosomenpaar, codiert für das Geschlechtschromosom W.

Furcifer minor verfügt über ein Karyogramm von 2n = 22 Chromosomen. Davon sind je acht Paare Makro-, drei Mikrochromosomenpaare. Unter den Makrochromosomen sind die ersten fünf Paare metazentrisch, während die übrigen drei Paare akrozentrischsind. Ein Anteil des sechsten Chromosomenpaars war fast vollständig heterochromatisch und stellt vermutlich das Geschlechtschromosom W dar.

Das Karyogramm von Furcifer petteri ist ebenfalls 2n = 22. Acht Chromosomenpaare davon sind Makro-, drei Mikrochromosomen. Sieben Paare der Makrochromosomen sind metazentrisch, lediglich das fünfte Paar ist submetazentrisch. Das Geschlechtschromosom W ist Teil des siebten Makrochromosomenpaar.

Alle neu beschriebenen Karyogramme sind bei GenBank unter der Nummer PQ272538-4 hinterlegt. Die Gattung Furcifer zeigte sich auch in dieser Studie als die mit der höchsten Vielfalt in den Karyogrammen. Sie scheint auch die einzige Gattung unter allen Wirbeltieren zu sein, die alle Varianten der Diversifikation der Geschlechtschromosomen aufweist.

New insights on Chromosome Diversification in Malagasy Chameleons
Marcello Mezzasalma, Gaetano Odierna, Rachele Macirella, Elvira Brunelli
Animals 2024, 14: 2818
DOI: 10.3390/ani14192818

Grafik: Karyogramme von Brookesia superciliaris und Furcifer balteatus aus der genannten Studie

Bewegungsmuster von Brookesia superciliaris

Bewegungsmuster von Brookesia superciliaris

Wissenschaft

Bisher wurden Bewegungsmuster bei Chamäleons vor allem an Baum bewohnenden Arten erforscht. Die vorwiegend Boden bewohnenden Gattungen wie Brookesia, Rhampholeon, Palleon und Rieppeleon, die immerhin rund ein Drittel aller aktuell bekannten Chamäleons darstellen, wurden nur selten beachtet. Eine Gruppe von US-amerikanischen Forschern hat nun das Erdchamäleon Brookesia superciliaris genauer angeschaut.

Dabei wurde die Bewegung lebender Brookesia superciliaris auf verschiedenen Untergründen vermessen und Vergleiche mit Baum bewohnenden Chamäleons und anderen anderen Echsen angestellt. Erstaunlicherweise wiesen die Erdhamäleons Bewegungsmerkmale sowohl Baum bewohnender als auch Boden bewohnender Tiere auf. Auf Ästen bewegte sich Brookesia superciliaris langsamer als auf einen Boden imitierendem Substrat. Die Ganggeschwindigkeit wurde hauptsächlich durch die Schrittfrequenz und nicht durch die Schrittlänge reguliert. Obwohl zu Beginn eines Schrittes der Oberarm stark gestreckt wird, ein typisches Merkmal einer aborealen Fortbewegung, sind Schulter- und Hüftbewegungen auf Ästen geringer als für Baumbewohner üblich. Das könnte auf eine vorwiegend terrestrische Lebensweise hindeuten. Bewegt sich Brookesia superciliaris sehr langsam, nutzt es häufig eine sehr ungewöhnliche Schrittfolge und verfällt in einen Passgang. Brookesia superciliaris könnte wegen seiner frühen evolutionären Abspaltung von der Entwicklungslinie anderer Chamäleons als Beispiel für ein Zwischenstadium zwischen Boden- und Baumbewohner gelten.

Locomotor characteristics of the ground-walking chameleon Brookesia superciliaris
Chukwuyem Ekhator, Arnavi Varshney, Melody W. Young, Daniel Tanis, Michael C. Granatosky, Raul E. Diaz, Julia L. Molnar
Journal of Experimental Zoology Part A 339 (4), 2023
DOI: 10.1002/jez.2703