Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Verbreitung Wissenschaft

Der Bobaomby-Komplex liegt am nördlichsten Zipfel Madagaskars, nördlich und westlich der größten Küstenstadt des Nordens, Antsiranana (französisch Diego Suarez). Er besteht aus Trockenwald auf Meeresniveau bis maximal 200 m üNN sowie ausgedehnten Savannen auf Karstgestein und verschiedenen Felsformationen. Bisher unterliegt die Gegend keinerlei Schutz.

Wissenschaftler aus Madagaskar führten 2018 Zählungen von Reptilien im Bobaomby Komplex durch. Gezählt wurde im Februar und März, also während der Regenzeit. Fünf verschiedene Orte wurden untersucht: Beantely, Antsisikala und Ambanililabe als Beispiele unterschiedlich stark zerstörten Trockenwalds, Anjiabe wegen seines intakten Trockenwalds und Ampombofofo mit relativ intaktem Wald. Um Tiere zu finden, wurde an 25 Tagen zum einen mit dem bloßen Auge tagsüber und nachts in ausgewählten Transekten gesucht, teils gezielt in geeignet erscheinenden Habitaten wie Blattachseln oder unter toten Baumstämmen, zum anderen wurden Fallgruben entlang aufgestellter Zäune genutzt.

Insgesamt wurden 42 Reptilienarten nachgewiesen. Alle davon, ausgenommen eine Gecko-Art, kommen ursprünglich nur auf Madagaskar vor, zwei weitere Gecko-Arten findet man inzwischen auch auf benachbarten Inseln. Bei den Chamäleons gibt es eine kleine Neuerung: Erstmals konnte das Erdchamäleon Brookesia ebenaui in Bobaomby, genauer in Beantely, nachgewiesen werden. Brookesia stumpffi und Furcifer petteri wurde in Beantely, Anjiabe und Ampombofofo gefunden. Furcifer pardalis und Furcifer oustaleti kamen wie erwartet im gesamten Bobaomby-Komplex vor.

Die Autoren schlagen vor, den Bobaomby-Komplex – insbesondere aber die drei Wälder, in denen die meisten Reptilien gefunden wurden, unter Schutz zu stellen, um die dortige Herpetofauna zu erhalten.

Overview of reptile diversity from Bobaomby complex, northern tip of Madagascar
Randriamialisoa, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Alain J. Rakotondrina, Josué A. Rakotoarisoa, Nasaina T. Ranaivoson, Jeanneney Rabearivony, Achille P. Raselimanana
Animals 13: 3396, 2023
DOI:  10.3390/ani13213396

Foto: Furcifer petteri, männlich, im Norden Madagaskars, fotografiert von Alex Laube

Unbekanntes Chamäleon im Wald von Ivohiboro (Madagaskar) entdeckt

Unbekanntes Chamäleon im Wald von Ivohiboro (Madagaskar) entdeckt

Verbreitung Wissenschaft

Auf Madagaskar gibt es auch heute noch nahezu unerforschte Gebiete. Der Regenwald von Ivohiboro liegt im Südosten der Insel im gleichnamigen Schutzgebiet, südwestlich der südlichsten Ausläufer des Andringitra-Gebirges. Der Wald selbst ist rund 8,58 km² groß und nimmt damit nur einen kleinen Teil des Schutzgebietes ein. Er ist umgeben von Savannen und überspannt Höhenlagen von 650 bis 1460 m über Meeresniveau. Das Schutzgebiet wird derzeit von lokalen Organisationen sowie dem madagassischen Umweltministerium verwaltet. Die letzte Expedition zur Erkundung des Waldes von Ivohiboro fand 1924 statt. Seit 2016 haben nun Forscher aus den USA und Großbritannien sechs Expeditionen in den kleinen Wald unternommen, um die Artenvielfalt an Pflanzen, Vögeln, Säugetieren, Reptilien und Amphibien dort genauer zu untersuchen.

Zum Nachweis von Reptilien und Amphibien wurde der Wald in neun Transekte von rund 200 x 20 m geteilt, die jeweils mehr als 200 m voneinander entfernt waren. Mehrere Tage und Nächte wurden die Transekte durchsucht. Alle gefundenen Tiere wurden dokumentiert und, wenn möglich, bis auf Gattungs- oder Artebene bestimmt.

Im Ergebnis konnten die Wissenschaftler 107 Arten Wirbeltiere und 219 Pflanzen identifizieren. Diese enorme Artenvielfalt unterstreicht die Wichtigkeit, den Wald im Sinne des Artenschutzes zu erhalten und deutet auf ein gut funktionierendes Ökosystem hin. Unter den gefundenen Arten befanden sich zwei Chamäleons: Eine Palleon-Art sowie ein kleines Calumma. Zu ersterer gibt die Publikation leider keine weiteren Informationen. Das kleine Calumma wies einen auffällig blau gefärbten Nasenfortsatz auf, wie er bei Calumma linotum oder Calumma boettgeri im hohen Norden Madagaskar vorkommt. Da genetische Untersuchungen noch fehlen, ist unklar, ob es sich bei diesen Chamäleons um eine extrem weite Erweiterung des Verbreitungsgebietes handelt – Ivohiboro liegt rund 1000 km südlich der Verbreitungsgebiete von Calumma boettgeri und Calumma linotum – oder ob es vielleicht sogar eine neue, noch unbeschriebene Art ist.

A surprising haven: The biodiversity of an old-growth forest amidst a scorched landscape in Madagascar
Beatriz Otero Jimenez, Ren Montaño, Ryan S. Rothman, Rachel C. Williams, Patricia C. Wright
Conservation Science and Practice, 2023
DOI: 10.1111/csp2.12993

Chamäleons im Montagne des Français (Madagaskar)

Chamäleons im Montagne des Français (Madagaskar)

Verbreitung Wissenschaft

Der Montagne des Français ist ein Kalksteinmassiv mit Trockenwald im Norden Madagaskars. Es reicht bis zu 425 m über den Meeresspiegel und liegt in Sichtweite der größten Küstenstadt des Nordens, Antsiranana (französisch Diego Suarez). Seit 2007 gilt es als Schutzgebiet. Wissenschaftler aus Madagaskar und den USA haben 2014 und 2020 Zählungen von Reptilien und Amphibien im Montagne des Français durchgeführt.

Gezählt wurde im Januar und Mai, also während und zum Ende der Regenzeit. 2014 wurde sich auf die Region um Andavakoera konzentriert, 2020 dagegen um Sahabedara, Ampitiliantsambo und Andavakoera. Um Tiere zu finden, wurde zum einen tagsüber und nachts entlang vorgegebener Wege gesucht, teils gezielt in geeignet erscheinenden Habitaten, zum anderen wurden Fallgruben genutzt.

Insgesamt wurden 20 Amphibien- und 50 Reptilienarten nachgewiesen. Vier neue Amphibien und ein Reptil konnten erstmals im Montagne des Français gefunden werden. Die Schlange Langaha pseudoalluaudi wurde erstmals seit 2007 wieder entdeckt. Bei den Chamäleons haben sich kleinere Neuerungen ergeben. Brookesia stumpffi konnte nur 2014, aber nicht mehr 2020 gefunden werden – auf Grund der relativ weiten Verbreitung der Art sollte dies jedoch kein Problem für die gesamte Population darstellen. Brookesia tristis, eines der kleinsten Chamäleons der Welt, wurde ebenfalls nur 2014 entdeckt. Hier könnte die Körpergröße, die ein Auffinden stark erschwert, und die Jahreszeit (Mai ist relativ spät für diese Art) eine Rolle spielen. Brookesia ebenaui konnte 2014 in Andavakoera und 2020 in Sahabedara nachgewiesen werden. Die beiden Baumbewohner Furcifer oustaleti und Furcifer pardalis konnten in beiden Jahren in Andavakoera und Ampitiliantsambo gefunden werden. Furcifer petteri dagegen kam in beiden Jahren an allen untersuchten Orten vor.

Amphibians and reptiles of the “Montagne des Français”: Update of the distribution and regional endemicity
Herizo Oninjatovo Radonirina, Bernard Randriamahatantsoa, Rabibisoa Harinelina Christian Nirhy, Christopher J. Raxworthy
Preprint
DOI: 10.20944/preprints202306.1499.v1

Foto: Furcifer petteri auf Madagaskar, fotografiert von A. Laube