Das Mikrobiom im Darm südafrikanischer Zwergchamäleons

Das Mikrobiom im Darm südafrikanischer Zwergchamäleons

Wissenschaft

Schon seit einigen Jahren ist der Begriff Mikrobiom in aller Munde. Darunter versteht man im Darm die Gesamtheit aller Mikroorganismen, vor allem Bakterien, die die Schleimhaut des Darms besiedeln. Nun hat sich eine Forschergruppe in Südafrika erstmals mit dem Darm-Mikrobiom bei Chamäleons und mit der Veränderung desselben in unterschiedlichen Lebensräumen beschäftigt.

Drei Arten Zwergchamäleons wurden nachts in der Provinz KwaZulu Natal mit Hilfe von Taschenlampen gesucht: Bradypodion melanocephalum, Bradypodion thamnobates und Bradypodion setaroi. Alle Tiere wurden 24 h in Behältern untergebracht und dann wieder an der Fundstelle freigelassen. Pro Art wurden je 10 Backenabstriche und 10 Kotproben jeweils in einem natürlichen und einem städtischen Lebensraum gesammelt, so dass insgesamt 120 Proben zusammenkamen. Im Labor wurde aus den Proben DNA extrahiert, per PCR vervielfältigt und anschließend sequenziert. Phylogenetische Bäume wurden erstellt und statistische Vergleiche zwischen den Proben vorgenommen.

Die Proben wurden zusätzlich auf Zoonose-Erreger wie Salmonellen untersucht. Im humanpathogenen Bereich konnten aber lediglich Campylobacter, Escherichia und Serratia im Kot nachgewiesen werden. Die Autoren schlussfolgern daraus, dass das Zoonosepotenzial des Mikrobioms von Zwergchamäleons sehr gering ist.

Insgesamt konnten im Mikrobiom der Zwergchamäleons knapp 350 verschiedene Bakterienarten nachgewiesen werden, was anderen Reptilien wie Anolis und Schildkröten entspricht. Proteobakterien, Firmicutes und Bacteroidota waren in allen Proben am häufigsten vorhanden. Insgesamt war das Mikrobiom sich sowohl bei Backenabstrich als auch Kotproben sehr ähnlich mit nur wenigen Ausnahmen und nur artabhängig etwas unterschiedlich. Die Unterschiede im Mikrobiom zwischen natürlichen und städtischen Lebensräumen waren sehr viel geringer als gedacht. Das Mikrobiom des Backenabstrichs in städtischer Umgebung lebender Bradypodion melanocephalum wies mehr Caulobacteraceae und weniger Enterococcaceae auf als das in natürlichen Habitaten, und im Kot städtischer Tiere waren häufiger Desulfovibrionaceae. Das Mikrobiom von Bradypodion thamnobates wies in den Kotproben städtisch vorkommender Chamäleons mehr Ruminococcaceae und Akkermanisaceae auf. Auffällig ist bei den Zwergchamäleons der Unterschied zwischen den Mikrobiota im Mund und Enddarm, der so bei anderen Wirbeltieren bisher nicht festgestellt werden konnte. Es ist noch offen, ob Chamäleons im Tierreich ein besonderes Mikrobiom haben, das diese Unterschiede begründen könnten.

Anthropogenic reverberations on the gut microbiome of dwarf chameleons (Bradypodion)
Matthew G. Adair, Krystal A. Tolley, Bettine Jansen van Vuuren, Jessica Marie da Silva
PeerJ 13, 2025
DOI: 10.7717/peerj.18811

Foto: Bradypodion melanocephalum, fotografiert von Marius Burger

Namaqua-Chamäleons in Namibe (Angola) entdeckt

Namaqua-Chamäleons in Namibe (Angola) entdeckt

Verbreitung Wissenschaft

Der Westen Angolas ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus von Herpetologen gerückt. Der Reptilienbestand des Nationalparks Iona an der Grenze zu Namibia wirft jedoch noch einige Fragen auf. Auf der Suche nach der Zwergpuffotter Bitis peringueyi hat ein internationales Forschungsteam auch Chamaeleo namaquensis gefunden. Die Übersichtsstudie zu Reptilienvorkommen wurde im Küstenbereich, im Sandmeer und in den Wanderdünen der Schotterebenen durchgeführt.

Insgesamt konnten dabei 27 Reptilienarten entdeckt werden – die eigentlich gesuchte Zwergpuffotter war allerdings nicht darunter. Chamaeleo namaquensis konnte entlang der Straße EN100 etwa 50 km südlich von Moçamedes gefunden werden. Ein zweiter Fundort lag rund 10 km nördlich von Salondjmba, dem Eingang zum Nationalpark Iona in Ponta Albina.

Noteworthy herpetological notes from Naimbe Province, Angola
Javier Lobón-Rovira, Pablo Sierra, Rubén Portas, Pedro Vaz Pinto, Fernando Martínez-Freiría
Herpetology Notes Vol 18: 99-105
DOI: nicht vorhanden

Foto: Daniel S. Katz, Creative Commons Attribution 4.0 International

Nutzung von Lappenchamäleons auf städtischen Heiler-Märkten in Südafrika

Nutzung von Lappenchamäleons auf städtischen Heiler-Märkten in Südafrika

Wissenschaft

Wissenschaftler der African Amphibian Conservation Research Group haben die existente Literatur zum Thema ausgewertet. Fortunate M. Phaka besuchte außerdem sechs städtische Märkte in Durban, Johannesburg, Petermaritzburg, Polokwane und Pretoria. Auf den Märkten suchte er nach für medizinische Zwecke verkaufte Amphibien und Reptilien und deren Benennung durch die Verkäufer. 11 traditionelle Gesundheitspraktiker in Limpopo, Gauteng und KwaZulu-Natal konnte er ausführlich befragen, von neun davon durfte er Proben der verkauften Amphibien und Reptilien zur Artidentifikation mitnehmen.

Insgesamt konnten 33 Arten Reptilien und eine Amphibienart in der Nutzung für traditionelle Medizin identifiziert werden. Bei den Marktbesuchen wurden neun davon vor Ort gefunden und identifiziert. Die befragten traditionellen Heiler gaben an, die genutzten Tierteile entweder selbst gejagt, Jägern abgekauft oder aus überfahrenen Tieren entnommen zu haben. Fett und innere Organe werden entfernt, die Karkassen mit Asche oder Salz eingerieben und in der Sonne getrocknet. Gewöhnlich werden keine vollständigen Karkassen von den Kunden der Heiler gekauft, sondern nur kleine Teile der angebotenen Reptilien. Von den 111 entnommenen Tierproben konnte bei 90 noch genügend DNA zur Identifikation der Art gewonnen werden. 23% der getesteten Proben waren falsch benannt worden.

Chamaeleo dilepis war unter den genutzten Reptilienarten. Es konnte zwar kein vollständiges Chamäleon auf den besuchten Märkten gefunden werden. Auf dem Warwick Muthi Market in KwaZulu-Natal wurden aber mehrere Reptilienteile beprobt, die laut DNA-Vergleich von Lappenchamäleons stammten. Chamäleons generell wurden von den Heilern nicht auf Artebene bestimmt. Das IsiZulu Wort unwabu steht für jedes Chamäleon.

Barcoding and traditional health practitioner perspectives are informative to monitor and conserve frogs and reptiles traded for traditional medicine in urban South Africa
Fortunate M. Phaka, Edward C. Netherlands, Maarten Van Steenberge, Erik Verheyen, Gontran Sonet, Jean Hugé, Louis H. du Preez, Maarten P.M. Vanhove

Molecular Ecology Resources Vol 25(2), 2025
DOI: 10.1111/1755-0998.13873

Chamaeleo gracilis in Nechisar (Äthiopien)

Chamaeleo gracilis in Nechisar (Äthiopien)

Verbreitung Wissenschaft

Innerhalb der letzten hundert Jahre hat der Mensch den Wald Äthiopiens von etwa 40% der Fläche auf nur noch 2,36% reduziert. Trotzdem ist über die herpetologische Fauna des Landes immer noch stellenweise wenig bekannt. Wissenschaftler aus Ägypten, den USA und Äthiopien haben kürzlich eine Übersichsstudie in einem Nationalpark durchgeführt.

Der Nationalpark Nechisar liegt im Südwesten Äthiopiens auf der Linie des Großen Afrikanischen Grabenbruchs, über 500 km südlich der Hauptstadt Addis Abeba. Necisar verfügt über eine Fläche von 514 km², die im Norden und Süden von zwei Seen, im Osten vom Amaraogebirge und im Westen von der Stadt Arbaminch begrenzt wird. In Nechisar ist es das ganze Jahr über sehr heiß mit nur wenig Niederschlag.

Insgesamt zwei Expeditionen während der Regen- und zwei während der Trockenzeit wurden durchgeführt. Dabei wurden Transekte mit einer Gesamtlänge von 290 km bei neun Metern Breite abgelaufen, 230 km davon in Graslandschaft und steinigem Gelände, 60 km im Wald und entlang der Seeufer. Neben manueller Suche mit dem bloßen Auge wurden kleine Fallgruben und Abdeckbleche genutzt.

Insgesamt konnten 34 Arten von Reptilien gefunden werden, darunter auch Chamaeleo gracilis. Die Art wurde zwei Mal entdeckt. Beide Chamäleons befanden sich bei Fund in der Nähe verschiedener Flüsse, eines im Buschland und eines im Wald.

Survey of reptiles in Nechisar National Park, Southern Ethiopia
Samy A. Saber, Fikirte Gebresenbet, Afework Bekele, Eman N. Salama
Russian Journal of Herpetology 31(5): 291-301
DOI: 10.30906/1026-2296-2024-31-5-293-301

Woran sterben Chamäleons in Zoos?

Woran sterben Chamäleons in Zoos?

Tiermedizin Wissenschaft

Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Montréal (Frankreich) haben kürzlich die Todesursachen bei in Zoos gehaltenen Chamäleons zwischen 2011 und 2022 untersucht. Über das Zoological Information Management System (ZIMS) wurden Zoos gesucht, die aktuell Chamäleons halten oder seit 2011 hielten. Fragebögen wurden an insgesamt 245 Zoos verschickt. In den Fragebögen wurde die Zahl, Art und Geschlecht gehaltener Chamäleons abgefragt, außerdem ausgesuchte Haltungsbedingungen (kühlste und wärmste Temperaturen, Luftfeuchtigkeit, Fütterung) und Sektionsergebnisse.

Rund 1000 Chamäleons 36 verschiedener Arten werden derzeit in Zoos weltweit gehalten. 65 der befragten Zoos nahmen an der Studie teil, wovon immerhin 48 regelmäßig Sektionen an Chamäleons durchführten. Jedoch konnten nur 29 der teilnehmenden Zoos Sektionsergebnisse vorlegen. Insgesamt wurden 412 Pathologiebefunde von 14 verschiedenen Chamäleonarten ausgewertet. Unter den gehaltenen Arten waren Brookesia stumpffi, Brookesia superciliaris, Chamäleons des Genus Brookesia ohne Artangabe, Calumma parsonii, Chamaeleo calyptratus, Chamaeleo chamaeleon, Furcifer lateralis, Furcifer oustaleti, Furcifer pardalis, Rieppeleon brevicaudatus, Trioceros melleri, Trioceros montium und Trioceros quadricornis. Am häufigsten wurden Pantherchamäleons gehalten (226 Tiere).

Die statistische Auswertung ergab, dass mit 46,8% die meisten Chamäleons in den teilnehmenden Zoos an infektiösen Erkrankungen starben. Zu den infektiösen Erkrankungen wurden dabei Septikämien, aber auch Entzündungen von Maulhöhle, Lunge, Leber und Nieren sowie Darm gezählt. Fast 20% der infektiösen Erkrankungen fielen auf den Bereich der Maulhöhle. Bei den Bakterien kamen Enterococcus und Pseudomonas am häufigsten vor. Bei den Pilzen waren Nannizziopsis einschließlich CANV, Fusarium und Metarhizium vertreten. Gut ein Drittel der Sektionsberichte gab zusätzlich Parasitosen an, wobei diese sowohl als Todesursache als auch als Zufallsbefund vorkamen. Kokzidien und Trematoden sowie diverse Nematoden waren hier oft vorhanden. Als zweithäufigste Todesursache in den teilnehmenden Zoos wurden mit 11,4% nichtinfektiöse Nierenerkrankungen angegeben. Nur knapp dahinter rangierten mit 10,7% der Fälle Erkrankungen des Reproduktionstraktes, darunter Legenot und Eidottercoelomitis.

Entgegen der ersten Annahme der Autoren zeigte sich kein Zusammenhang zwischen den abgefragten Haltungsparametern im Terrarium und dem Vorkommen von Nierenerkrankungen. Grundlegend gab es eine Tendenz zu vermehrten Nierenerkrankungen in Ländern, in denen die durchschnittliche Luftfeuchtigkeit generell niedriger lag.

Evaluation of mortality causes and prevalence of renal lesions in zoo-housed chameleons: 2011-2022
Amélie Aduriz, Isabelle Lanthier, Stéphane Lair, Claire Vergnau-Grosset
Journal of Zoo and Wildlife Medicine 55(2), 2024
DOI: 10.1638/2023-0023

Foto: Pantherchamäleon auf Madagaskar, fotografiert von Alex Negro

Das Europäische Chamäleon in Belezma (Algerien)

Das Europäische Chamäleon in Belezma (Algerien)

Verbreitung Wissenschaft

Das Belezma Biosphärenreservat wurde erst 2015 gegründet und liegt in der Provinz Batna im Norden Algeriens. Es überspannt eine Fläche von 262 km² in den Belezmabergen und liegt auf Höhen zwischen 915 und 2136 m üNN. Das Gelände besteht aus mediterranen Zedern-, Pinien- und Eichenwäldern, typischen Buschlandschaften (sogenannter Macchia), Klippen und nur saisonal vorhandenen Wasserläufen (sogennanten Oueds); etwa 53 km² bestehen aus Zedernwald. Bisher gab es von dort nur vereinzelte Veröffentlichungen zur Herpetofauna.  Eine aktuelle Übersichtsstudie zu dort vorkommenden Amphibien und Reptilien wurde nun von Biologen der Universität Batna erarbeitet.

Macchia im Belezma Biosphärenreservat

Die Tiere wurden ausschließlich mit dem bloßen Auge gesucht. Dabei liefen verschiedene Personen sowohl tagsüber als auch nachts unsystematisch Transekte ab, insgesamt 500 Stunden lang an 28 Orten innerhalb des Reservats. Die gefundenen Tiere wurden entweder direkt identifiziert oder fotografiert und wieder freigelassen.

Insgesamt konnten 23 Amphibien- und Reptilienarten gefunden und identifiziert werden. Chamaeleo chamaeleon wurde erstmals in Belezma nachgewiesen. Die Chamäleons wurden auf rund 1040 m in der charakteristischen Macchia sowie auf 1280 m in offenem Gelände gefunden. Die Macchia in Belezma besteht vorwiegend aus Eichen- und Olivenbäumen sowie Mastixsträuchern und phönizischem Wacholder.

Herpetofauna of Belezma Biosphere Reserve, province of Batna, northeastern Algeria
Messaoud Saoudi, Mohamed Bensaci, Abdeldjabar Necer, Houria Baazi, Zohra Nemili, Farouk Khelfaoui
African Journal of Biological Sciences 6 (15), 2024
DOI: 10.48047/AFJBS.6.15.2024.10672-10700

Zwergchamäleons in Südafrika in städtischer Umgebung größer als in der Natur

Zwergchamäleons in Südafrika in städtischer Umgebung größer als in der Natur

Wissenschaft

Zwergchamäleons der Gattung Bradypodion aus Südafrika sind seit Längerem dafür bekannt, sich sehr gut auch an städtische Lebensräume anzupassen. Zwei Wissenschaftler Aus Kapstadt und Johannesburg haben nun untersucht, wie sich verschiedene Populationen in Körpergröße, -gewicht und Body Condition Score voneinander innerhalb städtischer und natürlicher Umgebungen unterscheiden.

Untersucht wurden innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren insgesamt 1107 Individuen von fünf verschiedenen Zwergchamäleon-Arten. Dazu wurden Bradypodion damaranum in George (Westkap), Bradypodion melanocephalum in Durban (KwaZulu-Natal), Bradypodion setaroi in St. Lucia (KwaZulu-Natal), Bradypodion thamnobates in Howick (KwaZulu-Natal) und Bradypodion ventrale in Jeffrey’s Bay (Ostkap) and jeweils drei bis acht Standorten nachts gesucht. Als “natürlicher Standort” wurden Waldfragmente, Grassavannen oder Küstenbuschland in weniger als 15 km Entfernung vom Zentrum der nächsten Stadt eingestuft. Als „städtisch“ wurde alle Standorte eingestuft, die innerhalb einer Stadt lagen und aus sowohl eingeschleppter als auch einheimischer, von Menschenhand regelmäßig zurückgeschnittener Flora bestanden (Gärten, öffentliche Parks und Grünflächen, Straßenränder). Die gefundenen Zwergchamäleons wurden vermessen, gewogen, geschlechtsbestimmt und mit einem Filzstift markiert, um doppelte Messungen an gleichen Tieren zu vermeiden. Offensichtich trächtige Weibchen wurden nicht vermessen.

Bei der statistischen Auswertung und Vergleichen fiel auf, dass die Chamäleons an natürlichen Standorten im Durchschnitt stets kleiner und leichter waren als die Populationen der gleichen Arten an städtischen Standorten. Signifikant größer und schwerer in der Stadt waren bei Bradypodion damaranum beide Geschlechter, bei Bradypodion melanocephalum, ventrale und setaroi die Männchen und bei Bradypodion thamnobates die Weibchen. Der Body Condition Score war in Stadtgebieten bei beiden Geschlechtern von Bradypodion damaranum und setaroi sowie Männchen von Bradypodion melanocephalum höher als bei den Chamäleons an Naturstandorten. Bei Bradypodion ventrale und thamnobates zeigten sich keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Populationen im Body Condition Score.

Forschung, wie es genau zu diesen spannenden Unterschieden kommt, steht noch aus.

Big cities, big bodies: urbanisation correlates with large body sizes and enhanced body condition in African dwarf chameleons (Genus: Bradypodion)
Jody M. Barends, Krystal A. Tolley
African Zoology 2024, 59(3)
DOI: 10.1080/15627020.2024.2402256

Foto: Bradypodion melanocephalum, fotografiert von suncana, Lizenz Creative Commons Attribution 4.0 International

 

Die neue CHAMAELEO ist draußen!

Die neue CHAMAELEO ist draußen!

AG Interna Beobachtungen CHAMAELEO Haltungsberichte Wissenschaft

Was lange währt, wird endlich gut: Soeben haben wir die aktuellen Hefte der CHAMAELEO 49 bekommen. Sie werden nun schnellstmöglich in die Post gehen und sind dann auf dem Weg zu allen AG-Mitgliedern. Die aktuellen Inhalte finden sich hier. Und wer noch nicht Mitglied der AG Chamäleons ist, möchte das vielleicht schnell noch werden! Wie gefällt euch die aktuelle Ausgabe? Gibt es Anmerkungen, Wünsche, Kritik? Zu dick, zu dünn, zu viel Englisch, zu wenig? ;) Wir freuen uns auf eure Rückmeldungen!

Einfluss von Landwirtschaft auf Chamäleons in Madagaskar

Einfluss von Landwirtschaft auf Chamäleons in Madagaskar

Wissenschaft

In Madagaskars östlichem Hochland wird Ackerland für Reisfelder hauptsächlich durch Brandrodung von Primärwäldern oder Sekundärvegetation gewonnen. Die Reisfelder werden nur eine Saison verwendet, im anschließenden Jahr wird das Feld für Wurzelgemüse genutzt. Bereits nach einer Ernte liegt das Land dann bis zu fünf Jahre brach, bevor es erneut brandgerodet wird, um wieder Reis anzubauen. Schon fünf dieser Zyklen können fruchtbares Land in nicht mehr nutzbaren Boden wandeln. In den letzten Jahrzehnten sind brachliegende Flächen in immer kürzeren Abständen gerodet worden. Diese Praxis hat dafür gesorgt, dass invasive, nicht-einheimische Pflanzenarten sich ausbreiten konnten, während auf Primärwald angewiesene madagassische Pflanzen verschwanden. Madagassische Wissenschaftler haben nun erforscht, welchen Einfluss diese Form der Landwirtschaft auf Chamäleons an der Ostküste Madagaskars hat.

Als Studienobjekt wurde der Regenwaldkorridor von Ankeniheny-Zahamena im östlichen Hochland genutzt. Er verläuft an der Ostküste Madagaskars über eine Fläche von rund 5000 km², die teils nur durch sehr schmale Waldfragmente miteinander verbunden sind. Insgesamt während der Regenzeit 44 Orte wurden untersucht, die in fünf Habitattypen eingeteilt wurden: Zehn Orte mit geschlossenen Regenwäldern, acht mit Baumbrachen, elf mit Strauchbrachen, zehn Orte nach mindestens fünf Brandrodungszyklen und fünf Orte, an denen Wiederaufforstung betrieben wurde. Chamäleons wurden mehrheitlich nachts entlang vorgegebener Transekte (je drei bis vier parallele Linien von 50 m Länge) gesucht, bestimmt und vermessen.

Insgesamt konnten 15 Chamäleonarten der Gattungen Brookesia, Furcifer und Calumma gefunden werden, wobei je drei Arten nicht exakt bestimmt werden konnten (es handelt sich hier, soweit erkennbar, um Tiere aus dem Calumma nasutum/emelinae-Komplex). Die meisten Chamäleons bevorzugten geschlossenen Regenwald, wohingegen nach Brandrodung deutlich weniger Tiere und Arten zu finden waren. In Waldstücken mit Aufforstungsbemühungen war die Zahl der Chamäleons wieder deutlich höher. Beides unterstreicht sowohl den notwendigen Schutz noch vorhander Regenwälder als auch die Relevanz der Wiederaufforstung auf Madagaskar.

Sechs Arten (darunter Calumma cf. vencesi, Brookesia superciliaris, Brookesia therezieni, Calumma parsonii) zeigten sich deutlich sensibler gegenüber Landwirtschaft und können wahrscheinlich nur sehr eingeschränkt außerhalb von Primärwald überleben. Nur drei Arten kamen überhaupt noch auf intensiv landwirtschaftlich genutzter Fläche vor, davon war lediglich Furcifer lateralis am häufigsten dort zu finden.

Effects of shwidden agriculture on chameleon diversity and abundance in eastern tropical rainforest in Madagascar
Rodlis Raphali Andriantsimanarilafy, Joseph Christian Randrianantoandro, Josué Rakotoarioa, Alain Jean Victorien Rakotondrina, Ruth Kelly, Alison Cameron
Sustainability and biodiversity conservation 3(2): 99-118.
DOI: 10.5281/zenodo.13861065

 

Foto: Teppichchamäleon am Rande eines Reisfeldes in Madagaskar, fotografiert von Alex Negro