Karyogramme fünf madagassischer Chamäleons beschrieben

Karyogramme fünf madagassischer Chamäleons beschrieben

Wissenschaft

Dass das Geschlecht bei Chamäleons genetisch festgelegt wird, ist schon viele Jahre bekannt. Die Karyogramme vieler Arten, also die Chromsomeneigenschaften, sind jedoch noch nicht von allen Arten bekannt. Italienische Wissenschaftler haben sich nun mit den Karyogrammen fünf madagassischer Chamäleonarten beschäftigt.

Zur Untersuchung genutzt wurde bereits vorhandene, konservierte Chamäleons. Je ein Weibchen der Arten Furcifer balteatus, Furcifer petteri, Furcifer major und Furcifer minor wurden beprobt. Ein männliches und ein weibliches Brookesia superciliaris wurden ebenfalls für die Studie herangezogen. Alle Proben wurden einer DNA-Barcoding-Analyse unterzogen, als Marker genutzt wurde das mitochondriale Genfragment COI. Die extrahierte DNA wurde per PCR vervielfacht und dann sequenziert, um für jedes Tier ein Karyogramm zu erstellen.

Das Karyogramm von Brookesia superciliaris lautet 2 n = 34 für beide Geschlechter. Von den 34 Chromsomen sind sechs Makrochromosomenpaare, elf Mikrochromosomenpaare. Alle Makrochromosomen sind metazentrisch. Morphologisch unterscheiden sich die Chromosomen nicht voneinander, so dass bisher unklar bleibt, welche die Geschlechtschromosomen sein könnten.

Furcifer balteatus verfügt über ein sehr spezielles Karyogramm, was eigentlich besser zu denen der Gattungen Brookesia und Palleon als zur Gattung Furcifer passt. Das Karyogramm lautet 2n = 34, was die höchste Chromosomenzahl unter den Chamäleons darstellt. Von den 34 Chromosomen sind sechs Makrochromosomenpaare und elf Mikrochromosomenpaare. Die ersteren sind alle metazentrisch. Zwischen den Chromosomenpaare sind keine morphologischen Unterschiede zu erkennen, so dass das Geschlechtschromosom bisher nicht festgestellt werden konnte.

Das Karyogramm von Furcifer major ist 2n = 24. Neun der Chromosomenpaare sind Makrochromosomen-, drei Mikrochromosomenpaare. Sieben der Makrochromosomenpaare sind metazentrisch, nur die Paare zwei und drei sind submetazentrisch. Das elfte Chromosomenpaar, ein Mikrochromosomenpaar, codiert für das Geschlechtschromosom W.

Furcifer minor verfügt über ein Karyogramm von 2n = 22 Chromosomen. Davon sind je acht Paare Makro-, drei Mikrochromosomenpaare. Unter den Makrochromosomen sind die ersten fünf Paare metazentrisch, während die übrigen drei Paare akrozentrischsind. Ein Anteil des sechsten Chromosomenpaars war fast vollständig heterochromatisch und stellt vermutlich das Geschlechtschromosom W dar.

Das Karyogramm von Furcifer petteri ist ebenfalls 2n = 22. Acht Chromosomenpaare davon sind Makro-, drei Mikrochromosomen. Sieben Paare der Makrochromosomen sind metazentrisch, lediglich das fünfte Paar ist submetazentrisch. Das Geschlechtschromosom W ist Teil des siebten Makrochromosomenpaar.

Alle neu beschriebenen Karyogramme sind bei GenBank unter der Nummer PQ272538-4 hinterlegt. Die Gattung Furcifer zeigte sich auch in dieser Studie als die mit der höchsten Vielfalt in den Karyogrammen. Sie scheint auch die einzige Gattung unter allen Wirbeltieren zu sein, die alle Varianten der Diversifikation der Geschlechtschromosomen aufweist.

New insights on Chromosome Diversification in Malagasy Chameleons
Marcello Mezzasalma, Gaetano Odierna, Rachele Macirella, Elvira Brunelli
Animals 2024, 14: 2818
DOI: 10.3390/ani14192818

Grafik: Karyogramme von Brookesia superciliaris und Furcifer balteatus aus der genannten Studie

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Chamäleons in Bobaomby (Madagaskar)

Verbreitung Wissenschaft

Der Bobaomby-Komplex liegt am nördlichsten Zipfel Madagaskars, nördlich und westlich der größten Küstenstadt des Nordens, Antsiranana (französisch Diego Suarez). Er besteht aus Trockenwald auf Meeresniveau bis maximal 200 m üNN sowie ausgedehnten Savannen auf Karstgestein und verschiedenen Felsformationen. Bisher unterliegt die Gegend keinerlei Schutz.

Wissenschaftler aus Madagaskar führten 2018 Zählungen von Reptilien im Bobaomby Komplex durch. Gezählt wurde im Februar und März, also während der Regenzeit. Fünf verschiedene Orte wurden untersucht: Beantely, Antsisikala und Ambanililabe als Beispiele unterschiedlich stark zerstörten Trockenwalds, Anjiabe wegen seines intakten Trockenwalds und Ampombofofo mit relativ intaktem Wald. Um Tiere zu finden, wurde an 25 Tagen zum einen mit dem bloßen Auge tagsüber und nachts in ausgewählten Transekten gesucht, teils gezielt in geeignet erscheinenden Habitaten wie Blattachseln oder unter toten Baumstämmen, zum anderen wurden Fallgruben entlang aufgestellter Zäune genutzt.

Insgesamt wurden 42 Reptilienarten nachgewiesen. Alle davon, ausgenommen eine Gecko-Art, kommen ursprünglich nur auf Madagaskar vor, zwei weitere Gecko-Arten findet man inzwischen auch auf benachbarten Inseln. Bei den Chamäleons gibt es eine kleine Neuerung: Erstmals konnte das Erdchamäleon Brookesia ebenaui in Bobaomby, genauer in Beantely, nachgewiesen werden. Brookesia stumpffi und Furcifer petteri wurde in Beantely, Anjiabe und Ampombofofo gefunden. Furcifer pardalis und Furcifer oustaleti kamen wie erwartet im gesamten Bobaomby-Komplex vor.

Die Autoren schlagen vor, den Bobaomby-Komplex – insbesondere aber die drei Wälder, in denen die meisten Reptilien gefunden wurden, unter Schutz zu stellen, um die dortige Herpetofauna zu erhalten.

Overview of reptile diversity from Bobaomby complex, northern tip of Madagascar
Randriamialisoa, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Alain J. Rakotondrina, Josué A. Rakotoarisoa, Nasaina T. Ranaivoson, Jeanneney Rabearivony, Achille P. Raselimanana
Animals 13: 3396, 2023
DOI:  10.3390/ani13213396

Foto: Furcifer petteri, männlich, im Norden Madagaskars, fotografiert von Alex Laube

Chamäleons im Montagne des Français (Madagaskar)

Chamäleons im Montagne des Français (Madagaskar)

Verbreitung Wissenschaft

Der Montagne des Français ist ein Kalksteinmassiv mit Trockenwald im Norden Madagaskars. Es reicht bis zu 425 m über den Meeresspiegel und liegt in Sichtweite der größten Küstenstadt des Nordens, Antsiranana (französisch Diego Suarez). Seit 2007 gilt es als Schutzgebiet. Wissenschaftler aus Madagaskar und den USA haben 2014 und 2020 Zählungen von Reptilien und Amphibien im Montagne des Français durchgeführt.

Gezählt wurde im Januar und Mai, also während und zum Ende der Regenzeit. 2014 wurde sich auf die Region um Andavakoera konzentriert, 2020 dagegen um Sahabedara, Ampitiliantsambo und Andavakoera. Um Tiere zu finden, wurde zum einen tagsüber und nachts entlang vorgegebener Wege gesucht, teils gezielt in geeignet erscheinenden Habitaten, zum anderen wurden Fallgruben genutzt.

Insgesamt wurden 20 Amphibien- und 50 Reptilienarten nachgewiesen. Vier neue Amphibien und ein Reptil konnten erstmals im Montagne des Français gefunden werden. Die Schlange Langaha pseudoalluaudi wurde erstmals seit 2007 wieder entdeckt. Bei den Chamäleons haben sich kleinere Neuerungen ergeben. Brookesia stumpffi konnte nur 2014, aber nicht mehr 2020 gefunden werden – auf Grund der relativ weiten Verbreitung der Art sollte dies jedoch kein Problem für die gesamte Population darstellen. Brookesia tristis, eines der kleinsten Chamäleons der Welt, wurde ebenfalls nur 2014 entdeckt. Hier könnte die Körpergröße, die ein Auffinden stark erschwert, und die Jahreszeit (Mai ist relativ spät für diese Art) eine Rolle spielen. Brookesia ebenaui konnte 2014 in Andavakoera und 2020 in Sahabedara nachgewiesen werden. Die beiden Baumbewohner Furcifer oustaleti und Furcifer pardalis konnten in beiden Jahren in Andavakoera und Ampitiliantsambo gefunden werden. Furcifer petteri dagegen kam in beiden Jahren an allen untersuchten Orten vor.

Amphibians and reptiles of the “Montagne des Français”: Update of the distribution and regional endemicity
Herizo Oninjatovo Radonirina, Bernard Randriamahatantsoa, Rabibisoa Harinelina Christian Nirhy, Christopher J. Raxworthy
Preprint
DOI: 10.20944/preprints202306.1499.v1

Foto: Furcifer petteri auf Madagaskar, fotografiert von A. Laube