Einfluss von Straßen auf das Europäische Chamäleon

Einfluss von Straßen auf das Europäische Chamäleon

Wissenschaft

Auf der iberischen Halbinsel ist das Europäische Chamäleon (Chamaeleo chamaeleon) zwar lokal verbreitet, sein Lebensraum wird jedoch im Bereich der dicht besiedelten Küste vielfach von Straßen durchschnitten. Biologen der Universität von Málaga (Spanien) haben kürzlich untersucht, ob und wie sich stark frequentierte Straßen auf das Verhalten und die Populationsdichte des Europäischen Chamäleons auswirkt.

Sie untersuchten ein Studiengebiet in Privatbesitz in der Provinz Málaga im Süden Spanien, das sich am Rand der Autobahn A7 befindet. Die A7 hat ein hohes Verkehrsaufkommen mit täglich rund 43.121 Autos. Das Studiengebiet bestand aus aufgegebenen Oliven- und Mandelhainen, aber vor allem großen Gebieten mit Buschland aus gelbem Ginster und ginsterähnlichen Gewächsen wie Lavendel, Fenchel und grünen Zwergpalmen.

Die Biologen teilten das Studiengebiet in fünf je 225 m breite Felder ein, die unterschiedlich weit von der A7 entfernt waren. Nachts wurde dann mit Taschenlampen nach Chamäleons gesucht. Geschlecht, Saison, Gewichte und Position gefundener Chamaeleo chamaeleon wurden aufgenommen und ihr Vorkommen statistisch ausgewertet. Zusätzlich wurde notiert, in welcher Vegetation die Tiere sich befanden und ob Nahrung verfügbar war. Um die Verfügbarkeit von Arthropoden besser einschätzen zu können, wurden diese mit Fallen gefangen und gezählt.

Insgesamt konnten 148 adulte und 92 juvenile Chamaeleo chamaeleo gefunden werden, wobei 592 Kontrollpunkte ohne Chamäleonbeobachtungen blieben. Es fiel auf, dass die Populationsdichte von Chamaeleo chamaeleon in den Feldern, die am weitesten von der A7 entfernt lagen, am höchsten war. Nur 24,3% der adulten Chamäleons wurde in direkter Nähe zur Autobahn entdeckt, 62,2% dagegen befanden sich in den am weitesten von der Autobahn entfernten Bereichen. In den beiden Feldern direkt an der Autobahn fanden sich dazu passend auch die wenigstens Jungtiere. Die Chamäleons scheinen also von der Autobahn gestört zu sein und ziehen sich aus deren Nähe zurück. Das Angebot an Arthropoden, also potenziellem Futter), war in allen fünf Bereichen jedoch vergleichbar groß. Interessanterweise stellte sich außerdem heraus, dass mehr Chamäleons in Bereichen mit weniger Sträuchern vorkamen. Das spricht dafür, dass Chamaeleo chamaeleo Lebensräume mit sehr dichtem Gestrüpp eher meidet.

Die Ergebnisse der Studie passen zu denen bei anderen Reptilien, die unter anderem die sogenannte Road-effect zone beschreiben. Dabei handelt es sich um das Phänomen, das gerade und über weite Strecken verlaufende Straßen auch dann zu sehr viel ungeeignetem Lebensraum führen, wenn sie „nur“ schmale Säume haben, die von den Tieren vermieden werden. Die Länge der Straße und die Vielzahl der Straßen kann dann trotzdem den Lebensraum einer Art extrem stark beschneiden oder verkleinern. Diese Erkenntnis ist für das Europäische Chamäleon neu und für den Artenschutz wichtig.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Gebiete mit hoch frequentierten Straßen in weniger als 500 bis 675 m Entfernung für Chamaeleo chamaeleon ungeeignete Lebensräume darstellen.

Effects of habitat characteristics in an anthropized landscape on the spatial behavior and abundance of a common chameleon (Chamaeleo chameleon) population
M.A. Farfán, J. Duarte, D. Romero, L. Colorado-Pedrero, P. García-Quevedo, R. Arroyo-Morales, F. Dìaz-Ruiz
Conservation Science and Practice 2025: e70070.
DOI: 10.1111/csp2.70070
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Neue Hoffnung für das Tarzan-Chamäleon

Neue Hoffnung für das Tarzan-Chamäleon

Verbreitung Wissenschaft

Calumma tarzan, das Tarzan-Chamäleon, wurde erst 2010 beschrieben. Es wurde damals benannt nach seinem Fundort Tarzanville, einem kleinen Dorf in der Region Anosibe An’Ala im zentralen Osten Madagaskars. Auf Grund des bis dahin angenommenen sehr kleinem Verbreitungsgebiet wurde die Art auf der roten Liste der IUCN direkt als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) eingestuft.

In den Jahren 2020 und 2021 haben madagassische Wissenschaftler an vielen weiteren Orten im Osten Madagaskars nach der Art gesucht – und sind prompt fündig geworden, wie eine aktuelle Publikation berichtet. Dazu suchten sie 46 Transekte von je einem Kilometer Länge in 23 verschiedenen Waldfragmenten ab. Weitere 28 Transekte von je 200 Meter Länge wurden untersucht, um die Populationsdichte einschätzen zu können.

Calumma tarzan konnte in 14 von 23 untersuchten Waldfragmenten gefunden werden. Keines dieser Vorkommen davon war zuvor bekannt. Die Art kam auf Höhen von 604 bis 1048 m vor. Die Populationsdichtenschätzung fiel sehr unterschiedlich aus. In einigen Gebieten leben nur 25 Chamäleons pro Hektar, in anderen mehr als dreimal so viele, nämlich 78.

Aktuell sind nur wenige der Waldfragmente geschützt. Die vorliegende Arbeit unterstreicht daher, wie dringend es ist, weitere Schutzgebiete in den östlichen Regenwäldern Madagaskars zu errichten. Nur so kann das Tarzan-Chamäleon noch gerettet werden.

New distribution records and population density of the critically endangered Tarzan chameleon (Calumma tarzan), eastern Madagascar
Alain J.V. Rakotondrina, Raphali R. Andriantsimanarilafy, Hanta J. Razafimanahaka, Achille P. Raselimanana, Rikki Gumbs, Caleb Ofori-Boateng, Jody M. Taft, Fanomezana M. Ratsoavina
African Journal of Herpetology, 2024
DOI: 10.1080/21564574.2023.2291358